Schlechte-Laune-Artikel


An manchen Tagen ist einfach zu wenig Licht im Dunkel
An manchen Tagen ist einfach zu wenig Licht im Dunkel

Mit der Zeit kann man hier sicherlich herauslesen, dass ich im Grunde meiner Seele ein recht begeisterungsfähiger Mensch bin. Leider hat diese Eigenschaft auch eine Kehrseite. Denn wenn mir dann mal was auf die Laune schlägt, dann leider auch volles Brett. Dann nervt nicht nur die Ursache meiner Griesgrämigkeit, sondern einfach alles. Das sind Tage, an denen ich mich zurückziehen sollte, bis dieser Anflug wieder vorbei ist. Geht aber nicht, ich wohne ja in einer Großstadt - umgeben von Nachbarn, Baustellen, Hauptstraßen und allem, was einem sonst noch so auf den Sack gehen kann. Heute ist so ein Tag.

 

Das kann eigentlich niemanden verwundern, wenn der Morgen damit beginnt, dass man von einem Presslufthammer geweckt wird. Die Gesellschaft, von der ich meine Wohnung gemietet habe, hält es nämlich für nötig, nach dem Auszug jedes einzelnen Mieters nicht nur zu renovieren, sondern auch zu sanieren. Im Klartext heißt das, dass in meiner nächsten Umgebung mindestens viermal im Jahr Wände aufgestemmt werden. Welche Freude. Neben meinen Nachbarn aus der Hölle darf ich mir dann in meinem Heimbüro auch noch das Gedröhne diverser Baumaschinen anhören. Es sei denn natürlich, ich verlasse meine Wohnung über Tag, hänge in teuren Cafés ab und gebe Geld aus, das mir niemand wiedergibt. Oder ich sitze am Flussufer rum oder malträtiere stundenlang mein Rad. Zum Ausgleich arbeite ich dann nachts, schaffe es selten vor fünf ins Bett und werde um sieben wieder vom Presslufthammer geweckt. Schlaf wird ja eh überschätzt.

 

Meine zweitliebsten Störenfriede sind die Vollidioten, die Laubbläser zur Straßenreinigung einsetzen - und zwar spätestens jeden dritten Tag. Manchmal auch öfter, denn unser Vermieter beauftragt dafür jemand anderen als beispielsweise die Kirche gegenüber, und dementsprechend kommen die dann zu anderen Zeitpunkten. Immerhin gilt es offenbar, den Lärmpegel konstant oben zu halten. Dazu dienen auch die Besucher des Nachtclubs in unserer Straße, die nachts besoffen nach Hause tapern, Bierflaschen werfen und lauthals "kommunizieren". Die Leute, die ihren Hund um fünf Uhr morgens spazieren führen müssen und es nicht schaffen, dass das Vieh unter all den Schlafzimmerfenstern nicht alles zusammen bellt. Die eine rücksichtslose Knallcharge, die scheinbar alle ihre Gespräche aus dem Fenster der Dachgeschosswohnung mit Leuten auf dem Gehweg führen muss. Das Vollgeläut der Kirche, um die Gläubigen zum Gottesdienst zu rufen, weil man einer altmodischen Institution wie dieser nicht zumuten kann, auf SMS an die Gemeinde umzusteigen. Ebenso wie das stündliche Schlagen der Glocke zur Angabe der gottverdammten Uhrzeit. Die Amateurmusiker, die ihre Gitarre mit auf die Wiese schleppen und alles und jeden mit ihrem Nicht-Talent beschallen. Mein absoluter Favorit aber ist das Pieps-Geräusch, das der Müllwagen beim Zurücksetzen macht, um zu verhindern, dass jemand unter den LKW läuft. Wozu ist das denn gut? Jeder gesunde Mensch, der solch ein Fahrzeug nicht auch ohne Piepsen wahrnimmt, hat es nicht besser verdient, als der natürlichen Auslese anheim zu fallen.

 

Am Besten sind aber dann immer die mal mehr, mal weniger wohlgemeinten Ratschläge der anderen, wenn man wagt, sich darüber auszulassen. Spott ist gern dabei - als wäre man noch nicht wütend genug. Diese Leute machen eine Nahtoderfahrung, ohne es zu wissen. Und dann kommen die "zündenden" Ideen. Beschwerde schreiben. Miete kürzen. Umziehen. Als könnte man selbst nicht soweit denken und wäre auf diese Möglichkeiten noch nie gekommen. Ich weiß ja, dass es gut gemeint ist - deswegen beiße ich niemandem den Kopf ab, der sowas sagt. Aber gut durchdacht ist es nicht. Manchmal sollte man jemanden einfach in den Arm nehmen statt das Maul aufzureißen. Je garstiger der gerade ist, umso nötiger hat er die Umarmung.

 

Ich habe diese Stadt, in der ich lebe, so unglaublich satt. Diese Menschenmassen, die sich hier täglich durch die Straßen wälzen und in ihrer Allgemeinheit so gnadenlos rücksichtslos sind. Wenn man zum Beispiel - wie meine Freundin kürzlich - mit einem Zwillingskinderwagen einen Spaziergang machen will, aber nicht vom Gehsteig vor dem eigenen Haus weg kommt, weil man ringsum komplett und total zugeparkt ist und einfach wieder zurück in die Wohnung marschieren kann. Oder diese Arschlöcher, die Rad- und Fußweg nicht unterscheiden können - das Piktogramm mit dem Fahrrad, das auf die Straße gesprüht wurde, ist ja offenbar nicht international verständlich genug - und dann Radfahrer anschreien, die wagen, auf dem Radweg auch wahrhaftig zu fahren. Meistens kann man das mit Humor sehen. An Tagen wie heute wünscht man sich eine großkalibrige Schusswaffe und das Recht, sie zu gebrauchen.

 

Ich kann es nicht erwarten, diesen Ort zu verlassen und in irgendein winziges Dorf an meinem geliebten See zu ziehen. Leider ahne ich, dass es noch lange dauern wird, bis ich da einen Arbeitsplatz finde. Wahrscheinlich wird mich vorher ein Schlaganfall dahinraffen, ausgelöst von der Idiotie so einiger Mitmenschen. Sartre hat es früh erkannt und leider Recht behalten. "Die Hölle, das sind die anderen."



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